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In einem internationalen Dialogformat mit Gewerkschaftsaktivist_innen und Expert_innen stellen wir die Frage, wie inklusivere Arbeiterbewegungen gestaltet werden können und ihre Kampagnen noch stärkere Wirkung zeigen.
Geschlechtergerechtigkeit bedeutet die Überwindung von Patriarchat und strukturellen Machtgefällen. Die ersten zwei Sitzungen unserer Diskussionsreihe "Building Gender Just Trade Unions" (Der Aufbau geschlechtergerechter Gewerkschaften) behandelten direkt die strategische Bedeutung der Geschlechtergerechtigkeit in den Gewerkschaften. Marcela Arellano Villa, Vorsitzende des ecuadorianischen Gewerkschaftsverbandes CEOSL, betonte: „Machtkämpfe beinhalten immer eine Klassen- und eine Geschlechterperspektive.“ Ein Verständnis von Machtkämpfen aus einer intersektionalen Perspektive ist wichtig, um festgefahrene Hierarchien zu erkennen – sei es in der Fabrikhalle oder am Verhandlungstisch – und um zu verstehen, wie Ungleichheiten sich immer wieder reproduzieren.
Geschlechtergerechtigkeit ist kein bloßes Zusatzthema, wie viele glauben. Sie muss in alle Bereiche eingebettet werden, von der Gewerkschaftsführung bis hin zur Organisation der Mitglieder. „Geschlechtergerechtigkeit ist nur möglich, wenn wir eine unaufhaltsame Macht mit weiblichen Arbeitskräften aufbauen“, so Kate Lappin, Regionalsekretärin für Asien und Pazifik bei Public Services International, dem weltweiten Gewerkschaftsverband für Beschäftigte im öffentlichen Dienst.
Die Referentinnen und Teilnehmenden unterstrichen die Notwendigkeit von Maßnahmen, die die Geschlechtergerechtigkeit in die Gewerkschaftsstrukturen einbetten. Liesl Orr, Wissenschaftlerin beim National Labour and Economic Development Institute of South Africa, bekräftigte: „Bei der Genderpolitik geht es um das Leitbild, die Vision und die Erwartungen, die Mitglieder an ihre Gewerkschaft haben. Sie machen das Thema Gender sichtbar”. Gewerkschaften benötigen eine formale Politik, die Räume schafft, in denen Frauen und marginalisierte Gruppen Strategien erarbeiten, Führung übernehmen und die Geschlechtergerechtigkeit in Verfassungen und Verhandlungsagenden institutionalisieren können.
Tamara Garcia von FUECYS, dem Uruguayischen Gewerkschaftsverband für Angestellte in Handel und Dienstleistungen, stimmte dem uneingeschränkt zu. Sie erklärte, dass es eben nicht genug sei, wenn Frauen auf dem Papier formelle Rechte besäßen. „Wir haben Rechte, sind aber nicht ausreichend repräsentiert“, sagte sie. „Wir benötigen Schulungsprogramme für Arbeitnehmerinnen – damit sie Macht entwickeln und lernen können, wie die Dinge in unseren Organisationen funktionieren.“ Angebote wie Mentorinnenprogramme sind wertvoll und haben sich als wirksames Mittel erwiesen, um Frauen in Führungspositionen zu bringen und die Agenda der Gewerkschaften zu erweitern.
Die Verinnerlichung geschlechtergerechter Werte stärkt die Macht der Gewerkschaften. Sie schafft Solidarität im Zusammenhang mit zentralen Forderungen wie gerechten Lohntabellen, lebensphasenorientierten Regelungen, einer Nulltoleranz-Politik bei Belästigung usw. In der Folge macht sie die Gewerkschaften zu einer Triebkraft des transformativen Wandels in der Arbeitswelt.
Allerdings erfordernVeränderungen eine Machtverschiebung und eine wertebasierte Führung. „Eine geschlechtergerechte Politik wir nur dann voll umgesetzt werden können, wenn die Führung die Werte der Geschlechtergerechtigkeit verinnerlicht hat“, fügte Lieketseng Leteka von der Independent Democratic Union of Lesotho hinzu. „Eine effektive Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit erfordert eine Verschiebung der Machtstrukturen“, ergänzte Lubna Naqvi von der International Federation of Journalists Pakistan zum Abschluss der ersten Sitzung.
Zweifellos gibt es innerhalb der Gewerkschaftsbewegung noch viel zu tun. Die Referentinnen wiesen auf das Fortbestehen von Barrieren wie Machokultur, traditionellen politische Strukturen und geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Führungspositionen und Bildung hin. Boitumelo Tsotetsi von der Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI) in Südafrika stellte die Kultur in den Gewerkschaften selbst in Frage: „Wir können die Machokultur in unseren Gewerkschaften stoppen. Wenn wir Mikroaggressionen anprangern und Regelungen für den Umgang mit sexueller Belästigung einführen, kann das zu einer Verhaltensänderung führen, damit wir uns alle sicher und respektiert fühlen.”
„Wut ist unser Treibstoff“, fuhr Boitumelo während des Programms fort. „Aber wir müssen sie in Strategien, kollektives Handeln und letztendlich in Hoffnung umwandeln“, fügte Dina Felleraus Argentinien hinzu. Die Referentinnen betonten, Emotionen seien keine Schwäche, sondern eine Stärke.
Der Aufruf, Emotionen zu nutzen, um Wirkung zu erzielen, zog sich durch die gesamte zweite Sitzung, die sich auf Organisierungs- und Advocacystrategien konzentrierte, um Gewerkschaften geschlechtergerechter zu machen. Zunächst wurde die Kampagne vorgestellt, die nach langem kollektivem Druck dazu führte, dass die Philippinen das Übereinkommen 190 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ratifizierten. Jill Roque von PS-Link veranschaulichte perfekt die Schlüsselelemente einer erfolgreichen Kampagne: der Aufbau einer Basis, die Bestimmung eines gemeinsamem Ziels, das Schließen von Bündnissen, sowie Intelligenz und Stärke im Umgang mit den Entscheidungsträger_innen. Die Botschaft der Kampagne war einfach, aber stark: Wenn die realen Erfahrungen der Frauen die Richtung weisen, werden die entsprechenden politischen Maßnahmen folgen.
Dr. Melisa Serrano, Dekanin der School of Labor and Industrial Relations der University of the Philippines (UP SOLAIR), stellte einen klaren Ansatz vor, um diese Ideen mit Organisierungsmethoden zu verbinden. Ihr Beitrag legte den Aufbau eines guten Kampagnenplans dar und gab den Teilnehmenden praktische Instrumente an die Hand, die sie jeweils an ihren eigenen Kontext anpassen können. „Für eine erfolgreiche Kampagne“, betonte sie, „brauchen wir einen starken schwesterlichen Zusammenhalt und eine solide weibliche Kerngruppe.”
Die Teilnehmenden krempelten schon einmal ihre Ärmel hoch und wiederholten ihre gemeinsame Überzeugung: dass wirklich inklusive Gewerkschaften die Macht haben, nicht nur die Arbeitswelt neu zu denken, sondern auch das Wesen der Macht selbst.
Geschlechtergerechtigkeit in Gewerkschaften ist keine Nebensache – sie ist eine Zukunftsstrategie. „Internationale Gespräche wie dieses sind unverzichtbar. Gemeinsam schaffen wir eine stärkere, inklusivere Arbeiterbewegung“, schloss eine Teilnehmerin.
Carlo Emmanuel Cabatingan ist Programmleiter des Regional Competence Center for the Future of Work in the Asia-Pacific und lebt in Manila, Philippinen.
Priyanka Kapar ist Programmleiterin des Gender Justice Competence Center (GJCC) Asia-Pacific und lebt in Kathmandu, Nepal.
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